Die Technik, Papier als eine Art Zement und handfestes handwerkliches Material einzusetzen, ist uralt und vor allem in Japan sogar beim Hausbau weit verbreitet. In unseren Breiten zogen die Bootsbauern des 19. Jahrhunderts auf Schiffen regelrechte Wände in Leichtbauweise ein. Grundstoff war starkes Leinenpapier, und die dafür erforderlichen Papierbänder stellte man in darauf spezialisierten Papiermühlen her. Daraus entwickelte sich das moderne Paper Casting als Kunsthandwerk- und Basteltechnik.
Statt Leinenpapier verwendet man heute handgeschöpftes Baumwollpapier, das auch nicht mehr in Rollen geliefert wird, sondern in Form höchstens A4-großen Spezialpapier-Blättern zur Verfügung steht.
Die Grundidee ist aber die gleiche: Man weicht Papierschnipsel ein, bringt den Papierbrei unter Druck in Form und lässt ihn trocknen.
Reliefmotive aus Papier und Zellstoff
Papercasting ist eine Technik, bei der du Papierbrei oder Zellstoff in Formen drückst, trocknen lässt und daraus stabile, reliefartige Motive erhältst. Das Ergebnis erinnert an kleine Papierreliefs, die du vielseitig weiterverarbeiten kannst – zum Beispiel für Karten, Mixed-Media-Projekte, Dekoelemente oder Journalseiten. Durch die Kombination aus feuchtem Papier und strukturreichen Formen entsteht ein natürlicher, handgemachter Look, der sich perfekt für künstlerische Arbeiten eignet.
Was Papercasting genau ist
Beim Papercasting arbeitest du mit aufgelöstem Papier. Meist nutzt du dafür Zellstoff, Toilettenpapier, Küchenrolle oder spezielle Casting-Papiere. Diese Materialien werden angefeuchtet, leicht zerfasert und anschließend in eine Form gedrückt. Häufig verwendete Formen sind Gipsformen, Silikonformen, Reliefmatrizen oder strukturierte Gegenstände wie geprägte Untersetzer oder alte Schokoladenformen. Sobald der Papierbrei fest in der Form sitzt, trocknet er aus und ergibt ein leichtes, aber stabiles Relief.
Im Gegensatz zu Stanzteilen oder Decoupage erhältst du hier dreidimensionale Elemente, die sich durch ihre Haptik und Struktur deutlich abheben. Genau das macht Papercasting zu einer sehr interessanten Technik, wenn du Karten oder Mixed-Media-Seiten mehr Tiefe verleihen möchtest.
Wie Papercasting funktioniert
Für klassisches Papercasting zerreißt du Papier in kleine Stücke und weichst es in warmem Wasser ein. Anschließend wird der Brei ausgedrückt, bis er formbar ist. Du drückst ihn in die gewünschte Form und achtest darauf, dass der Zellstoff jede Vertiefung gut ausfüllt. Danach lässt du die Form vollständig trocknen. Je nach Dicke kann das wenige Stunden oder sogar einen Tag dauern.
Nach dem Trocknen löst du das Element vorsichtig aus der Form – jetzt kann es bemalt, coloriert, bestempelt, beklebt oder in Projekte eingebunden werden. Besonders schön werden die Ergebnisse, wenn du sie mit Acrylfarbe, Metallic-Wachsen oder Aquarellfarben bearbeitest. Mit trockenen Pinseln lassen sich Höhen betonen und Tiefe erzeugen.
Materialien und Formen
Du kannst viele verschiedene Papiersorten verwenden: Küchenpapier, Zellstoff, Zeitung, dünnes Druckerpapier oder Recyclingpapiere. Wichtig ist, dass das Papier gut Wasser aufnehmen kann. Küchenpapier liefert besonders feine Ergebnisse, während Zeitungspapier ein etwas raueres Finish erzeugt.
Bei den Formen bist du flexibel. Gipsformen sind klassisch, weil sie Feuchtigkeit gut abgeben und feine Details sichtbar machen. Silikonformen funktionieren ebenfalls sehr gut, denn du kannst die getrockneten Elemente leicht herauslösen. Auch strukturierte Gegenstände aus dem Haushalt eignen sich – Brottüten-Prägemotive, Bordüren, Tafeldekore oder selbst gemachte Gipsplatten.
Beispiele für Projekte mit Reliefs und Struktur sowie ausführliche Anleitungen findest du auf bastelfrau.de.
Einsatzmöglichkeiten
Papercasting eignet sich für viele kreative Projekte:
– Weihnachts- und Grußkarten: Kleine Reliefs wie Sterne, Engel, Herzen oder florale Motive lassen sich hervorragend auf Vorderseiten kleben.
– Mixed Media: Durch das Einbinden von Papercastings in Collagen entsteht ein plastischer Effekt.
– Geschenkverpackungen: Kleine Reliefs können Anhänger, Boxen oder Etiketten veredeln.
– Art Journals: Papercasting bringt haptische Elemente auf Seiten, die du mit Farbe weiter gestalten kannst.
Die Technik ist ideal, wenn du gerne experimentierst und Projekte suchst, die mit wenig Material funktionieren. Ein paar Blätter Papier, Wasser und eine Form reichen völlig aus.
Gestaltung und Weiterverarbeitung
Die fertigen Reliefs lassen sich nahezu beliebig anpassen. Du kannst sie bemalen, färben, bestempeln, schattieren oder mit Metallic-Wachsen veredeln. Besonders edel wirken Papercastings, wenn du zuerst eine dunkle Grundfarbe aufträgst und die erhabenen Stellen mit einem trockenem Pinsel leicht aufhellst. Für sanftere Effekte kannst du zarte Aquarellfarben verwenden.
Beim Aufkleben eignen sich starke Bastelkleber oder Gel-Medium. Die Elemente halten auf Papier, Karton, Holz, Leinwand und vielen anderen Oberflächen. In Verbindung mit Strukturpaste, Stempeln oder Schablonen eröffnen sich noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Tipps für bessere Ergebnisse
– Die Schichtdicke solltest du nicht zu dünn wählen – sonst bricht das Motiv leicht.
– Lass die Formen wirklich gut trocknen, bevor du sie herauslöst. Feuchtigkeit führt schnell zu Rissen.
– Wenn du Silikonformen nutzt, drücke den Zellstoff gut in jede Vertiefung. So wird das Relief deutlich sichtbar.
– Bereite mehrere Formen gleichzeitig vor, damit sich die Trockenzeit lohnt.
Fazit
Papercasting ist eine leicht zugängliche Technik, die dir ohne teure Materialien eindrucksvolle Reliefmotive ermöglicht. Mit etwas Zeit und einer geeigneten Form entstehen individuelle Elemente, die sich hervorragend in Karten, Mixed-Media-Werke oder Dekorationen einfügen. Wenn du gerne mit Struktur arbeitest oder Papierreste sinnvoll verwerten möchtest, ist Papercasting eine ideale Ergänzung für deine kreative Werkzeugkiste
